Klassische Musik: Außenseiterrolle?

Wie macht man klassische Musik populär? Klassik hat in der Konsumwelt der Musik eine Außenseiterrolle, außer sie verkleidet sich als Pop. David Garrett zückt seinen Bogen, und alle schauen ihn sofort bewundernd an und applaudieren euphorisch, nachdem er seine Musik, in Pop verkleidet, gespielt hat. Talent hat er auf jeden Fall. Er versucht die klassische Musik allen näher zu bringen, aber mir erscheint das alles etwas albern.

Klassische Musik in der Unterhaltungsindustrie

Endlich zeigt sich die klassische Musik in einer TV-Serie. Die vielfach renommierte TV-Serie „Mozart in the Jungle“ basiert auf dem Buch „Mozart in the Jungle: Sex, Drugs, and Classical Music“ von Blair Tindall. Es zeigt, wie Liebe, Drogen und klassische Musik zusammen passen und wie schwer das Leben in der Musikbranche ist. Konkurrenz, Erfolg-Egos, Leben an der Armutsgrenze – und das alles für die Musik. Zur Zeit von Mozart war das nicht anders.

Die Drehbuchautoren Alex Timbers, Roman Coppola und Jason Schwartzmann schaffen es, die klassische Musik in die Unterhaltungsindustrie zu bringen. Die Amazon-Produktion gewinnt 2016 sogar einen Golden Globe Award in der Kategorie „Beste Serie“ im Bereich Komödie. Der Hauptdarsteller Gael Garcia Bernal gewinnt den Preis für den besten Serien-Hauptdarsteller, ebenfalls im Bereich Komödie. Im Jahr 2018 erschien sogar die vierte Staffel der beliebten Serie.

Der hippe, mexikanische Dirigent

Gael Garcia Bernal verkörpert die Hauptrolle – den jungen, talentierten, mexikanischen Dirigenten Rodrigo de Souza. Die Person ist inspiriert von Gustavo Dudamel, der als junger Dirigent Erfolg hatte.

Hailey Rutledge, gespielt von Lola Kirke, die verpeilte, aber charmante Oboisten, hält sich zunächst durch Oboenunterricht über Wasser. Als der junge, hippe, mexikanische Dirigent Rodrigo (ausgesprochen mit tiefer Stimme, rollendem „R“ und sehr spanisch) das New Yorker Sinfonieorchester übernimmt, ändert sich alles. Mit seinen frischen Ideen bringt er wieder Begeisterung ins Orchester. Sein oberstes Gebot lautet: Play with the blood! Hailey ist zunächst seine Assistentin. Sie ist immer bereit, wenn Rodrigo „Haaailey!“ ruft, und macht ihm seinen geliebten Mate-Tee.

Ein Klischee nach dem anderen

Die Serie ist voller Klischees. Der euphorische Dirigent spricht mit einem mexikanischen Akzent, trinkt die ganze Zeit Mate-Tee, und fährt immer mit seinem tollen Rennrad umher. Die Cellistin hat mit einer Infektion am Handgelenk zu kämpfen, weil sie so viel übt. Dann gibt es da noch die arrogante und „die beste“ Oboistin, die nicht will, dass irgendjemand ihren Platz im Orchester wegnimmt. Dazu kommt noch, dass das Orchester mit finanziellen Problem zu kämpfen hat und dauernd irgendwo Spender gesucht werden. Es steht nicht nur die sich langsam entwickelnde Liebesbeziehung zwischen Hailey und Rodrigo im Vordergrund, sondern auch, wie die Instrumentalisten gegen die Auflösung des Orchesters kämpfen.

Hailey übt sehr viel, denn ihr Traum ist es, natürlich nicht mehr nur als Assistentin an der Seite Rodrigos zu stehen, sondern selber im Orchester mitzuspielen. Die erste Oboistin will ihren Posten natürlich nicht aufgeben. Das Schicksal hat entschieden, dass sie sich ihr Handgelenk bricht und Hailey ihr Talent als erste Oboistin zeigen und gleich ein Solo Teil übernehmen muss. So schnell geht’s!

Jetzt dirigiert sie auch noch

In der 3. Staffel entwickelt Hailey das Interesse für’s Dirigieren, und sie stellt sogar ein eigenes Ensemble zusammen. Ihre Träume ändern sich anscheinend ziemlich schnell. Update zur Liebesgeschichte: Am Ende der 2. Staffel passiert das, was man schon in Folge 3 erwartet hat: Rodrigo ist offiziell der Boyfriend von Hailey.

Staffel 4 bildet das Finale der Serie. Die ganze Crew ist wegen eines Dirigier- Wettbewerbs, an dem Hailey teilnimmt, in Japan. Da Japaner so sehr von Robotern besessen sind, gibt es einen, der zum Dirigieren programmiert wurde. Er hat sogar das Requiem von Mozart fertig komponiert, dass Rodrigo dirigieren soll. Der bricht es jedoch ab – wer will schon ein Stück dirigieren, dass von einem Roboter komponiert wurde?

Hailey hat wieder Zweifel, ob sie wirklich Dirigentin sein will. Man hat das Gefühl, dass sie nie weiß, was sie wirklich will.

Alles real?

Natürlich kann nicht alles so dargestellt werden, wie es in Wirklichkeit ist. Die Instrumentalisten spielen nicht sehr professionell. Da ist man froh, dass ein Konzert in der Serie nur 3 Minuten lang ist. Auch die Bewegungen der Dirigenten erscheinen manchmal unrealistisch. Insgesamt verkörpern die Schauspieler ihre Rollen trotzdem sehr gut. Da es eine Komödie ist, sollte man auch nicht alles zu ernst nehmen.

Fazit

Wer erfahren will, wie’s ausgeht, sollte sich die Serie einfach mal anschauen. Trotz der vielen Klischees spiegelt die Serie auch wider, wie Musiker immer wieder mit Konkurrenz und anderen Problemen zu kämpfen haben. Die Regisseure haben es geschafft, die klassische Musik humorvoll und in Serie in die Unterhaltungsbranche einzuführen und damit Leute zu erreichen, die nicht die Ausdauer haben, sich drei Stunden lang ein Konzert anzuhören. Vielleicht ist die Serie ein kleiner Schritt dahin, wie die klassische Musik ihre Außenseiterrolle verlieren kann.