Beim Augsburger Mozartfest brilliert Sänger Mauro Peter im Kleinen Goldenen Saal. Ein Bericht von Marlene und Nina.

„Solus“. Der lateinische Begriff für „allein, einzig“. Heute kennen wir den Begriff auch in der Musik: „Solo“. Beispielsweise wenn jemand singt – oder Musik von nur einem Komponisten erklingt, wie beim Konzert „Solo Mozart“ des Mozartfestes 2023 am 19. Mai im Kleinen Goldenen Saal. Zusammen mit der Bayerischen Kammerphilharmonie bringt Mauro Peter seine Stimme zur Geltung. Gemeinsam führen sie Arien auf, aber auch „klassische“ Mozart-Stücke.

Überraschender Beginn

Zunächst aber eröffnet das Orchester den Konzertabend. Sie spielen das „Divertimento D-Dur“ von Wolfgang Amadeus Mozart. „Divertimento“ ist italienisch und bedeutet „Spaß“. Und man merkt den Musiker*innen deutlich an, dass sie diesen haben! Bereits beim 1. Satz fällt einem die Einigkeit der Orchestermitglieder auf, die zeigt, dass die Bayerische Kammerphilharmonie ein eingespieltes Team ist und dass die Musiker*innen schon sehr lange Zeit gemeinsam auf der Bühne stehen. Weiter geht es im 2. Satz mit Verspieltheit und Leidenschaft, die das Publikum völlig in den Bann ziehen. Die Atmosphäre verschafft – zusammen mit den Kronleuchtern im Saal und auch der Liedauswahl – das Gefühl, man befände sich in einem königlichen Palast. Der 3. Satz verleitet das Publikum zum Mittanzen. Ein Mann, der in derselben Reihe wie wir sitzt, wippt begeistert mit seinen Beinen mit.

Beeindruckender Tenor

Zum nächsten Stück laufen als erstes die Bläser ein, die für das Stück „Il mio tesoro“, der Arie des Don Ottavio aus „Don Giovanni“, benötigt werden. Nachdem sie ihre Plätze gefunden haben, wird der Tenor Sänger des Abends, Mauro Peter, begrüßt. Die Bläser geben dem Orchester und dem Sänger die noch fehlende Note hinzu. Die Streicher hingegen bilden einen Teppich, auf den Peter sich mit Gelassenheit niederlassen kann. Das Stück ist geprägt von beeindruckenden, langen Passagen des Sängers. Sänger und Orchester wirken sehr gut aufeinander abgestimmt. Diese erste Darbietung des Tenors endet mit einem großen Applaus und einem Bravo-Ruf aus dem Publikum.

Orchester ohne Dirigent!

Weiter im Programm geht es mit einer Konzertarie: „Per pieta, non ricercate“, ebenfalls von Mozart. Bei diesem Stück wird die Aufgabe des Konzertmeisters erst klar. Denn das Orchester steht ohne Dirigent auf der Bühne, also muss Konzertmeister Gabriel Adorjan diese Rolle übernehmen. Sein Geigenbogen dient als Dirigierstab, und seine Körpersprache gibt Einsätze. Bei diesem Stück tritt der Sänger sehr gefühlvoll und leidenschaftlich auf die Bühne. Man hat das Gefühl, als würde sich die Lage zuspitzen, sich mehr und mehr Spannung aufbauen. Dennoch wirkt das Lied nicht stürmisch, wie man es vielleicht erwarten würde, sondern ruhig. Gegen Ende scheint es eine Auflösung dieser Anspannung zu geben. Mit viel Mühe und „Überredungskunst“ schafft es Mauro Peter, diese Stimmung zu erzeugen. Ein breites Grinsen gleitet über Peters Gesicht, als das Stück beendet ist.

Mozart romantisch?

Das letzte Stück vor der Pause ist „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“, eine Arie des Tamino aus Mozarts „Zauberflöte“. Nun schwenkt die Gefühlslage zur Liebe um. Dieses Lied scheint nicht mehr einfach ein „klassischer Mozart“ zu sein, sondern viel mehr eine romantische Erzählung. Mauro Peter breitet vor dem Publikum eine Geschichte über das Finden der Liebe aus. Nicht nur mit der besungenen Liebe, sondern auch mit dem bezaubernden Liedtext schafft es Peter, das Publikum für sich zu gewinnen.

„Typisch Mozart“ darf nicht fehlen

Nach der Pause geht es mit einem klassischen Mozartstück weiter, das in einem solchen Programm nicht fehlen darf: der Ouvertüre zu „La Clemenza di Tito“. Es scheint einen wilden Streit mit einer höheren Macht zu geben. Dieser ist neckend, und in ruhigeren Passagen scheint es einen Moment des Vertragens zu geben – die Querflöte spricht freche, aber auch beruhigende Worte – der aber durch wildes, schnelles musikalisches Durcheinander rasch wieder verschwindet.

Wiederkehr des Heißersehnten

Als nächstes kommt der Tenorsänger zurück auf die Bühne. Gemeinsam mit dem Orchester führt er die Arie des Titus „Se all`impero“ aus „La Clemenza di Tito“ auf. „Impero“ ist italienisch für Imperium, was man in dem Lied eindeutig wiederfinden kann. Es lässt vermuten, dass Mauro Peter eine Botschaft überbringen muss. In den frechen Passagen des Orchesters scheint der Sänger mit diesem im Gespräch zu sein. Man hat das Gefühl, dass eine unheilverkündende Nachricht überbracht werden soll. In diesem Stück scheint Mozart eher versteckt zu sein; doch wenn man weiß, dass Mozart den italienischen Operngesang für sich entdeckt hatte, dann passt dieses Stück ins Programm wie die Faust auf das Auge.

Mozart vs. Mauro Peter

Eine weitere Konzertarie des Abends ist „Misero! O sogno…“. Mozart komponierte dieses Stück für den Opernsänger Josef Valentin Adamberger. Aber bei längerem Zuhören scheint die Arie quasi für Mauro Peter geschrieben worden zu sein. Zunächst führt sich das Orchesters königlich und majestätisch ein. Doch es wirkt, als ob es kein gutes Königreich wäre – vielleicht eines in einer Krisenzeit. Denn die Musik hört sich etwas trist an, auch dramatisch. Peter bringt diese Gefühle dem Publikum so nahe, dass man denkt, man würde in einem Palast dieser Zeit leben. Außerdem singt er mit einer so unglaublichen Leidenschaft, dass das Publikum hingerissen, aufmerksam und staunend zuhört. Das Orchester darf jedoch auch nicht außer Acht gelassen werden, da es Peter als Stütze dient, auf die er sich jederzeit verlassen kann. Damals überzeugte Mozart mit seiner Musik das französische Publikum, heute ist es Mauro Peter, der die Zuhörer*innen im Kleinen Goldenen Saal vollkommen für sich einnimmt.

Typisch Klassik

Um diese gelungene Aufführung mit einem krönenden Abschluss abzurunden, führt die Bayerische Kammerphilharmonie noch die Sinfonie Nr. 31 D-Dur „Pariser“ auf. Dies ist bis heute eine der bekanntesten Schöpfungen Mozarts in dieser Gattung. Im 1. Satz ist die perfekte Absprache der einzelnen Musiker*innen untereinander bemerkenswert. Zusammen ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild. Mehrmals gibt es Passagen, die alle Orchestermitglieder spielen, und dies mit der eingangs erwähnten Einigkeit. Der Satz endet mit einem großen gemeinsamen Schluss des Orchesters. Der 2. Satz lässt eine kurze Verschnaufpause für die Musiker*innen zu, denn er ist ruhig und spiegelt Zufriedenheit. Die helle, aufsteigende Melodie ist verspielt, träumerisch und verschnörkelt. Das Finale der Sinfonie ist der atemberaubende 3. und letzte Satz. Er scheint einen Kampf zwischen Gewitterwolken und Sonne darzustellen, einen Kampf zwischen Gut und Böse. Die Gewitterwolken sind die dominierenden Basstöne, die Sonne die hellen, hohen Geigentöne. Es ist ein stürmischer Kampf, und kurz meint man, ein Kompromiss sei gefunden, doch die Gewitterwolken wollen sich damit nicht abfinden, und so beginnt der Streit von vorne. Am Ende scheint es ein gemeinsames Herrschen der Elemente zu geben.

Riesige Begeisterung

Das Publikum belohnt diesen Konzertabend wird mit tosendem Applaus und Tenorsänger Mauro Peter mit etlichen Jubelpfiffen. Die Zugabe passt zum roten Faden, der sich durch die ganze Aufführung zieht.

Die Musiker*innen und der Tenorsänger Mauro Peter haben dem Publikum und auch uns einen unterhaltsamen Abend geboten, der sehr gut angekommen ist. Mauro Peter zeigt seinen Dank, indem er seine Hand auf sein Herz legt.